Allgemein Regatta

Dove-Elbe Long Distance Race – Ein Kampf mit der und gegen die Natur

Was für ein Stress. Start fast verpasst. Fast vom Boot gefallen. Kamera während des Rennens erst eingeschaltet. Schlaguhr läuft nicht mit. Bootskontakt in der ersten Wende. Kein Wunder, dass ich als Steuermann mit einem Maximalpuls von 175 und einem Energieverbrauch von 700 kcal aus dem Rennen gehe. Aber von vorn.

Endlich stand das 5. Dove-Elbe Long Distance Race der SVNAquaglider an. Ein Langstreckenrennen mit Massenstart und traditionell sehr starkem Teilnehmerfeld. Dieses Jahr sollten sich die Hamburg Allstars, Der wahre Norden, der Dragons Club Leipzig, die Underwater Dragons, Black Pearl und wir Wakenitz Drachen auf die 12 km Strecke mit 3 Wenden begeben. Also alles andere als ein einfaches Rennen!

Die Strecke. Einfach der Wahnsinn.

Aufgrund der anhaltenden Corona-Situation hatten nur vergleichsweise wenige Teams gemeldet und auf dem großen Gelände hatte man eher Mühe, überhaupt Menschen anzutreffen. Infektionstechnisch also eine eher harmlose Situation. Aber auch weitere Dinge waren nicht wie gewohnt. Allem voran der Ausfall unseres Steuermanns Axel (we miss you!), der auch dazu führte, dass wir nicht mit dem eigenen Boot antreten konnten, sondern uns von den Aquaglidern ein Boot leihen mussten. Erste Aufgabe nach der Ankunft also: Sachen überwerfen und Boot mit technischem Equipment ausstatten. Pumpe installieren. Lautsprecheranlage aufbauen. Kamerasetup herstellen. Da gleich das nächste Problem: unser Trommelstuhl passt nicht. Mist. Also keine Kamera vorn dran. Das hatte allerdings den positiven Effekt, dass die Durchfahrten durch niedrige Brücken nicht ganz so nervenaufreibend waren. 🙂 Immerhin passte die Kameraaufnahme am Heck, sodass wir das Rennen zumindest von da aus auf Video bannen konnten. Kaum war die Installation erledigt, war das Boot auch schon besetzt und es war Zeit zum ablegen. Puh.

Das Wetter konnte kaum besser sein. Sturm Hendrik war gerade durchgezogen und es herrschte nur noch eine steife Brise und Sonnenschein vor. Also eine kleine Runde drehen zum warm fahren und dann fix zum Start, damit es losgehen kann. Alle Boote liegen passabel, aber dem Starter gefällt etwas nicht und wir müssen alle noch eine Runde drehen. Nochmal von vorn. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren. Boot liegt gut. Noch etwas weit vorn, aber das regelt der Gegenwind. Dann plötzlich der Start. Mist die Kamera läuft noch gar nicht! Schnell einmal umdrehen, um den Schalter zu finden. Keine Chance. So viel Druck in den Startschlägen, dass das Gleichgewicht nicht hält. Also Boot auf Kurs halten und den Start abwarten. Läuft. Noch ein Versuch und die Kamera filmt. Puh. Konzentration zurück aufs Boot und die Gegner.

Links von uns die stark besetzte Black Pearl, rechts von uns der wahre Norden und die restlichen Mannschaften. Also versuchen, die linke Seite vor der ersten Wende frei zu bekommen. 20 Harte Schläge, aber keine Chance von Black Pearl los zu kommen. Der wahre Norden muss sich kurz darauf geschlagen geben und rutscht hinter unsere Welle. Aber weiter rechts versucht der Dragons Club Leipzig einen Ausbruch und zieht vor die Hamburg Allstars, die nun unsere rechte Seite attakieren. Die Nerven sind gespannt und wir arbeiten uns mit Black Pearl hinter den Leipzigern hinterher und setzen die Hamburger hinter unsere Welle. Also zumindest nicht im Dreierpack in die Wende. Immerhin. Schnell nochmal 20 Harte und wir versuchen abzubiegen. Und was ist das? Unser Schwanz hängt sich an der Nase von den Hamburgern fest. Uff. Noch etwas mehr Kraft in die Wende und wir sind frei. Aber jetzt dreht das Boot ordentlich nach links weg und da ist ja noch die Black Pearl. Also schnell gegensteuern. Aber da wir mit 19 Aktiven am Paddel unterwegs sind haben wir Rechtslast und ich keinen Platz zum agieren. Man oh man. Jetzt alles an Kraft ins Steuerblatt drücken und das beste hoffen. Aber es reicht nicht. Wir drehen in die Black Pearl hinein und das vordere Boot ist außer Gefecht.

Gut, dass alle faire Sportler sind und es nicht zu einem Hauen und Stechen kommt. Boot wegdrücken und reinhauen. Wir ein Stück hintendran auf dem Weg zum zweiten Teil der ersten Wende. Druck machen. MEHR DRUCK! Und wir kommen gut und ohne Kontakt rum und können uns auf der Welle von Black Pearl halten. Nun also nur noch 10 km vor uns…

Mit dem anstehenden Rückenwind machen wir gut Fahrt, halten uns aber etwas weiter fern von Black Pearl, die etwas Strecke gut machen können und uns keine Welle zum mitfahren lassen. Hinter uns hat sich das Feld gut sortiert und die Hamburg Allstars versuchen an uns dran zu bleiben, so wie wir versuchen, den Anschluss an Black Pearl nicht zu verlieren. 4 relativ unspektakuläre Kilometer weiter geht es in die enge Wende. Noch immer sind die Hamburger hinter uns und wir haben zu viel Platz nach vorn, um eine Position hier gutmachen zu können. Also eine saubere Wende fahren und dann auf den Weg zurück machen. 4 km gegen den Wind. Alle spüren die anstrengende erste Hälfte in den Muskeln, aber niemand gibt auf. Wir machen gute Fahrt und werden durch ein kleines Naturschauspiel angefeuert. Neben uns steigen einige tausend Wildgänse in die Luft und treiben uns mit ihren Schreien kraftvoll voran.

Die zwei Kilometer auf offenem Gewässer mit vollem Wind von vorn zehren dann aber doch nochmal käftig an den Reserven, sodass an ein Aufholen der vor uns liegenden Black Pearl nicht mehr zu denken ist. Eine letzte saubere Wende um die Insel und dann mit Rückenwind in Richtung Ziel. Nochmal ein Blick zurück zu den Hamburgern, aber die haben selbst zu kämpfen und schaffen es ebenfalls nicht zu uns aufzuschließen. Also Zähne zusammen beißen, die letzten Meter überwinden und dann das erlösende Schwenken der Zielfahne. Geschafft. Was für ein Rennen. Hart. Aber auch zufriedenstellend. Mit einer Zeit von 1:01:21 h bleiben wir zwar mehr als eine Minute unter unserer Bestleistung von 2019, aber nach der Coronazeit und mit einigen Umstrukturierungen innerhalb der Mannschaft kann sich das Ergebnis durchaus sehen lassen.

Und mit dem Schwung kann auch unsere kleine Haus-und-Hof-Regatta, der Kanal-Cup, kommen, den wir dieses Jahr immerhin stattfinden lassen können, wenn auch nur als Trainingstreffen.

Text: Robert

6 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Beim Lesen des Berichts fühlt es sich an, als würde man die Strecke noch mal erleben – danke für den lebendigen Bericht, Robert! Spannend, mal die Perspektive des Steuermann zu lesen. Gerne wieder. 😉

  2. Das ist ein bisschen was an Text :-). Schön zu lesen, dass wieder was läuft. Freu mich auf den Film.

    Viele Grüsse
    André

    Die 700kcal glaub ich Dir nicht. Den Puls schon.

  3. Sehr schön geschrieben, auch wenn wir in der Black Pearl gesessen haben. 😉
    Trotz allem ein tolles Rennen. Wir freuen uns auf das nächste Jahr!

  4. Huch wer ist das denn? 😉

    Es ist doch erstaunlich, was alles so um einen drumherum passiert, man selber ist im Tunnel genug.
    Diese Masse an Vögel konnte ich nur hören aber nicht wirklich sehen. Insofern, schön zu hören wie es wirklich war.
    Den Schubs von hinten habe ich auch nicht wirklich mitbekommen
    Es war ein schöner Kampf gewesen mit den Black Pearls, den Hamburg Allstars und dem Wind, das war sehr life.
    Danke für die schönen Worte und bestimmt auch ein schönes Video.

  5. Was für ein spannender und mitreißender Bericht. Echt klasse geschrieben und wie Maren schon gesagt hat, man ist die Strecke beim Lesen noch einmal abgefahren. Danke an Alle für Euren Einsatz und für den tollen Bericht!

  6. moin Wakenitz
    es ist schön Euren Bericht zu lesen
    vielen Dank das Ihr da wart
    freue mich auf ein baldiges Wiedersehen
    Grüße aus Hamburg
    Hape

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