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Inselcup Wakenitz – 10 km durch die Grüne Hölle

Okay, ganz so schlimm war es nun nicht, aber irgendwie eine kleine Anspielung an den Amazonas – der ja ganz gerne mal als Grüne Hölle bezeichnet wird – des Nordens.

 

Am Tag der deutschen Einheit luden unsere Freunde von Lucky Punch zum Inselcup auf der Wakenitz, eigentlich „nur“ einem gemeinsamen Training unter Freunden. Rund 10km und etwas mehr waren zu absolvieren, also ein ganz ordentlicher Kanten. Für mich das erste Langstreckenrennen in diesem Jahr, sieht mal mal von den 3000 Metern der hanseatischen Langstrecke im Frühjahr ab. Damals hatten wir ganz knapp gegen die Luckys gewonnen. Das mit dem mittlerweile sagenumwobenen knappen Höschen zog sich dann wie ein roter Faden durch die Saison. Würde es auch heute wieder knapp werden?

 

Treffen war um Viertel vor neun, also mal nicht mitten in der Nacht aufstehen. Noch dazu hatten wir den Luxus mit eigenem Boot auf eigenem Kiel anzureisen. Also Boot rüber zum Düker und etwas Frühsport, um sich den Schädel nicht an der Brücke anzuschlagen, danach lockeres Aufwärmtraining zum VKL.Nach einer kurzen Begrüßung der Teams ging´s erstmal zur „Nottaufe“ des neuen Bootes von Lucky Punch. Eine echte Taufe mit allem Pipapo gibt es zu einem späteren Zeitpunkt, aber die Luckys wollten ihr neues Boot wohl standesgemäß einweihen. „Lucky One“ heißt nun die rote Schönheit.

Nach dem Teamcaptainsmeeting war klar, wir starten im zweiten Block. Also erst mal warten und vor allem warm halten. Meno Schrader hatte zwar Sonne satt versprochen, aber richtig warm wurde es irgendwie nicht und es blies mit launigen 4 Beaufort aus West. Auf der Wakenitz brachen sich schon die Wellen und allen Teams würde auf der ersten Hälfte eine ordentliche Brise ins Gesicht wehen. Aber besser so als andersrum.

Die ersten beiden Teams – die Luckys und die Helgoländer – hatten scheinbar nur eine Sorge: dass das Kuchenbuffet geplündert ist, wenn sie zurück sind. Aber bei dem was da aufgetischt wurde, war die Sorge unbegründet. Warten ist man als Drachenbootfahrer ja gewohnt. Nur nicht soweit runterfahren, dass man zu nix mehr fähig ist. Da hat jeder seine eigenen Methoden, ich habe versucht noch ein wenig Energie zu tanken, eine Banane und zwei Müsliriegel, nur nicht zu viel.

Nach etwas über 50 Minuten kamen plötzlich die Luckys Richtung Ziel geprescht. Saubere Technik, kraftvoll bis zum Schluß. Das sieht einfach immer wieder gut aus bei denen, dass muss man neidlos anerkennen. Etwa 500 Meter dahinter kamen dann unsere Freunde von 1-19 Helgoland. Hier sah´s nicht mehr ganz geschmeidig aus auf den letzten Metern. Aber bei dem geringen Abstand dürfte auch das eine gute Zeit geworden sein, das sagt die Erfahrung, wenn man sich von einem schnellen Team ziehen lässt.

 

Nun hieß es Umziehen, Warmmachen, Boarding. Vorher hatte Martin noch gesagt wie er es sich wünscht. Vor der Moltkebrücke wollten wir die Capybaras überholt haben. Doch irgendwie kam es dann anders als man denkt. Start! 1 -15 – Strecke. Oftmals waren wir hier einigen Teams schon mal weggefahren, doch diesmal nicht. Die Capy´s hielten mit und ließen uns nicht davon kommen. Johann machte klare Ansagen: „Ruhig bleiben, nicht so doll, schön von vorne holen. Wir fahren unser Ding“. Wir hatten Michael von den Luckys hinten auf dem Bock, aber eigentlich sprach Johann auch für uns. War es nicht eigentlich auch als gemeinsames Training gedacht? Aber gleich würden wir sicher zum Überholen ansetzen. Erinnerungen an die fast schon legendäre Stadtumrundung zu unserem Drachencup 2012 wurden in mir wach. Da sind wir in Parallelfahrt mit den Capy´s durch die schmale Holstenbrücke, um sie danach zu packen. Doch irgendwie kamen wir nicht weg. Und immer wieder Johann: „Nicht so doll, teilt euch eure Kräfte ein. Wir fahren unser Ding“. Michael feuerte uns an: „Los Drachen. Ich fahrt nen 56er Schlag, das sieht gut aus!“.

Wir fahren unter der Moltkebrücke durch und immer noch beide Teams gleichauf. Naja, bis zur Wallbrechtbrücke werden wir sie wohl gepackt haben. Immer wieder setzen wir an, die Capy´s halten mit. Die Capy´s setzen an, wir bleiben dran. Wallbrechtbrücke. Keine Veränderung der Situation. Mal sind die Capy´s einen Hauch vorne, mal sind wir es. Es folgt eine Rechtskurve. Wir sind innenliegendes Boot. Das ist unsere Chance wegzuziehen. Aber die Capy´s halten mit. Zwischendurch Fans auf den Stegen. Das spornt an! Bald müssten wir doch an der Insel sein. Wir sollten vorher vorbei ziehen, sonst sind wir auf der Außenbahn und die Capy´s könnten dann das Ding entscheiden.

 

Wann kommt die Insel? Gleich müsste Sie kommen. Wir sind schon da! So´n Scheiß, das gibt’s doch nicht! Wir müssen außen rum! Beide Steuerleute feuern ihre Teams an, fahren so dicht zusammen, dass es zu kleinen Paddelgefechten kommt. Das Boot läuft super. Wir halten mit und lassen sie nicht davon ziehen. Einfach geil! Halbzeit. Der Mors tut weh, an der Paddelhand tut was weh, könnte ne Blase werden. Ich habe mir noch nie ne Blase gepaddelt. Aber es gibt für alles ein erstes Mal. Nach weiteren zwei Kilometern kommt eine letzte Rechtskurve. Schaffen wir es vielleicht doch noch vorbei zu ziehen? Immer wieder Anfeuerungen aus den eigenen Reihen. Martin schreit, irgendwer anders schreit, ich schreie, aber so langsam merke ich wie mir die Kräfte schwinden.

 

Mir läuft das Wasser in den Schuh. Toll, wenn man wasserdichte Schuhe hat und es oben reinläuft. Wenigstens läuft es auch nicht wieder raus. Konzentration! Auf saubere Technik achten! Das spart Kraft. Die Wallbrechtbrücke kommt in Sicht, noch gut zweieinhalb Kilometer. Ich paddle mittlerweile am Rande des Schwindelgefühls. Es kommen so abstruse Gedanken auf, sich einfach über Bord fallen zu lassen, weil man nicht mehr will. Solche Geschichten hört man sonst nur von Seekranken. Wäre auch ganz schön blöd das zu tun. Ich würde vor Entkräftung einfach absaufen. Also Weiterpaddeln.

 

Wir unterqueren die Moltkebrücke. Ich schreie „noch 1200“, Michael „noch fünf Minuten“. Gleich wird es einen Endspurt geben. Jetzt nur nicht zu früh ansetzen, aber auch nicht zu spät. Michael schreit „ich will kein Fotofinish!“. Doch für ausgefallen Wünsche ist jetzt keine Zeit. Mit Dranbleiben haben wir gerade genug zu tun. Noch 500 Meter. Jetzt geht´s gleich zur Sache. Langsam beschleunigen. Die Capy´s ziehen an. Können wir noch mithalten? Kommen wir noch vorbei? Noch 200 Meter. Jetzt noch mal alles. Und durch!

 

Haben wir´s? Michael meint, wahrscheinlich ja. Manja sagte nach dem Aussteigen, eher nein. Aber eigentlich auch egal. Es war ein geiles Rennen. Letztendlich haben wir alle gewonnen, weil wir es geschafft haben. Mag zwar blöd klingen, weil man so was nach solchen Rennen immer sagt, sei es um die Leistung der letzten nicht zu schmälern, sei es um sie zu trösten. Aber wenn man zehn Kilometer in Parallelfahrt ein Rennen gefahren ist, keiner dem anderen einen entscheidenden Meter schenkte und zum Schluss nur wenige Zentimeter entscheiden, dann, ja dann, kann man das getrost sagen.

Und so war´s für uns dann tatsächlich nur Blech. Vierter Platz, „das ist Scheiße!“ – O-Ton Kryztof bei der Siegerehrung. Da spricht er wohl aus leidvoller Erfahrung bei der letzen EM. Egal. Es haben tatsächlich alle gewonnen. Jeder hat seinen eigenen Schweinehund besiegt, hat weitergemacht, auch wenn er oder sie lieber mittendrin ausgestiegen wären. Schließlich sitzen wir alle in einem Boot. Es war eine klasse Mannschaftsleistung und ich bin so stolz auf euch! Dritter wurden die Capybaras, Zweiter 1-19 Helgoland und Sieger wurden Lucky Punch. Glückwunsch!

Vielen Dank an unsere Freunde von Luck Punch für die Organisation, Essen und Trinken. Es hat wieder Spaß gemacht mit euch allen, einigen der geilsten Teams Norddeutschlands. Es ist immer wieder eine Freude sich mit euch auf freundschaftliche und sportliche Art und Weise auf dem Wasser zu messen. Bis zum nächsten Mal!

 Jörg

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7 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Endlich mal wieder ein Cup in HL bei dem die Sonne dabei war 🙂 Es war ein tolles Rennen mit Euch. Vielen Dank.

  2. Ich weiß nicht was ich sagen soll….schöner kann so ein Tag nicht sein…und dann euer Bericht,der geht unter die Haut weil wir das gleiche erlebt haben nur mit 1-19 Helgoland.
    Der Bericht ist nicht zu toppen und dafür bekommt ihr den 1.Platz.Entscheidend ist nicht der belegte Platz sondern der gemeinsame Spaß an unseren Drachenbootsport.
    Vielen dank für eure Teilnahme.
    Liebe Grüße an alle Wakenitz-Drachen
    Harald

  3. Toller Bericht, tolles Rennen.
    Ist das Bild mit den langen Gesichtern Absicht?
    Ne mal im ernst ,wir haben vor ein paar Jahren mal so ein Rennen beim Nikolauscup im 10er gefahren.
    Die Rennleitung hat damals entschieden uns auf dem gleichen Platz zu werten.
    Wäre mir auch recht gewesen ,es geht schließlich um die Sache.
    Andererseits hat uns der Sieg mal echt gut getan und Ihr habt uns ja schon oft genug geschlagen.
    Ich hoffe Ihr seid in drei Wochen in Schellhorn dabei ,dann können wir das nochmal mit 4-5 Booten machen.
    Gruß Jürgen vonne Capybaras

  4. Hey Jürgen,

    ich glaub wir haben noch nie so zufrieden verloren wie gestern, war ein geiles Ding. Und das Ihr gewonnen habt, sei Euch schon deshalb gegönnt, weil wir zusammen gelitten haben.
    Beim nächsten Mal wird neu gewürfelt 😉

    André

  5. Ja, ein toller Bericht!!! Habe ich von Freunden jetzt schon des Öfteren zu hören bekommen. Daher auch mal an dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Verfasser unserer Berichte.

    Das Wetter war sonnig und das Rennen war richtig super. Es lief und die Mannschaft war zusammen stark. Es war schön mit euch in einem Boot zu sitzen und dieses Rennen zu fahren.
    Ebenso auch ein Dankeschön an Michael, der uns gesteuert hat.

    LG Michaela

  6. … ich möchte auch mich auch noch mal äußern, mitteilen, meinen Senf zum Besten geben.

    Einiges ist schon gesagt und am Liebsten hätte ich auch schon gleich nach dem Rennen etwas dazu geschrieben, ging aber noch nicht – der Bericht fehlte!!

    Man war ich kaputt gewesen und konnte erst mal die eine oder andere Bewegung nicht machen – egal.
    Mir hat es sehr gut gefallen und das „Säbelrasseln“ auf jeden Fall auf der linken Seite war auch nicht zu überhören.
    Es hat trotz allem sehr viel Spaß gemacht. Obwohl ich schon nach gefühlten 500 m keinen Bock mehr hatte und dachte das kann doch nicht so weiter gehen oder doch?? (Es ging so weiter.)
    Zwischendurch dachte ich wenn ich jetzt mein Paddel ins Boot nehme komme ich den Takt wieder rein, … ach, ja – ich finde IHN ja manchmal sowieso nicht ;-)))) – nein, das war für mich keine Option, …
    Dann beschloss ich mich auf „meinen“ Wassertropfen zu konzentrieren und mich auf mein Paddel zu achten gerade herein und gerade herausziehen, denn es war sooooo eng obwohl die Wakenitz es ohne weiteres es zu gelassen hätte – auch gerne mal 2-3 m seitlichen Abstand zu haben.
    Deshalb konnte ich auch die Fragen nach der Umgebung nicht beantworten oder hast Du das schöne Lichtspiel gesehen …… NEIN.
    Der Endspurt war einfach unglaublich wir kamen immer noch nicht von einander weg, das wäre bestimmt auch weitere 2-5 Km so weiter gegangen – Gott bewahre, die Wakenitz hatte aber zum GLÜCK ein Ende gehabt.
    Ich habe noch nie so ein Rennen miterlebt, dann auch noch unseren Kampfgeist und den Willen zum Siegen, das fand ich unwahrscheinlich toll, beeindruckend und hat mich auch noch mal umgehauen.
    Wir sehen uns dann alle am 26.10. schon wieder und dann mal sehen …… :-))))

    Trotz Schmerzen und kleiner Wehwehchen
    es war toll!
    Olaf

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